Der bei HKM erzeugte Stahl besteht zu 30 bis 40% aus Stahlschrott. Das ist gut für die Umwelt und stellt höchste Anforderungen an die Logistik, denn hunderttausende Tonnen Stahlschrott pro Jahr müssen just in time der Produktion zugefahren werden.
Ja, wo fahren sie denn?
MuM MapEdit macht den Schienenverkehr auf dem HKM-Werksgelände auch im Büro sichtbar
Wenn zehn oder mehr Züge Tag und Nacht auf zweieinhalb
Quadratkilometern Werksgelände unterwegs
sind und dabei möglichst effizient rangieren und transportieren
sollen, brauchen die Disponenten viel Knowhow.
Bei den Hüttenwerken Krupp Mannesmann
GmbH (HKM) in Duisburg hilft ihnen und der ganzen
Abteilung Verkehrswirtschaft ein Tool von MuM, die
Bewegungen der Lokomotiven in Echtzeit zu verfolgen
und zu optimieren.
„Stahl. Das sind wir.“, lautet der Slogan der Hüttenwerke
Krupp Mannesmann GmbH (HKM). Auf der Webseite heißt
es weiter: „Wir setzen Maßstäbe, von der Produktion bis
zum Umweltschutz. Die Hüttenwerke Krupp Mannesmann
GmbH (HKM) sind ein modernes Stahlunternehmen mit technisch
und wirtschaftlich optimierten Fertigungsstufen, Arbeitsbedingungen
und Umweltschutzmaßnahmen.“ Das Lieferprogramm
umfasst bis zu 2,1 m breite Brammen für die
Verarbeitung zu Großrohren und Karosseriebauteilen sowie
Rundstahl mit bis zu 406 mm Durchmesser und 14,5 m
Länge für Schmiedezwecke und die Herstellung nahtloser
Rohre – natürlich in bester Qualität.
Das Werksgelände in Duisburg-Huckingen ist rund 2,5 km2
groß. Auf einem etwa 95 km langen Gleisnetz werden Rohstoffe,
Zwischen- und Fertigprodukte von einem Produktionsstandort
zum anderen transportiert bzw. zwischengelagert.
Neun bis zehn, in Spitzenzeiten sogar 15 Lokomotiven sind
rund um die Uhr im Einsatz: Roh- und Einsatzstoffe holen,
rangieren, bereitstellen, Zwischenprodukte zwischen den
einzelnen Produktionsstufen transportieren und die fertigen
Produkte in den Ausgang stellen. Neben den sog. Regelverkehren,
die einem festgelegten Fahrplan folgen, gibt es
nicht planbare Aufträge, die in Echtzeit disponiert werden
müssen. Dann gilt es, schnell festzustellen, welche Lok frei
ist, wo die Wagen mit den benötigten Gütern stehen und
auf welchem Weg das Ziel am schnellsten zu erreichen ist.
Gleichzeitig müssen die Disponenten darauf achten, dass
die Stillstandzeiten der Loks so gering wie möglich sind.
Tabellen muss man lesen können
Loks bzw. Lokführer und Disponenten kommunizieren schon lange
elektronisch über sog. Telegramme, die Aufträge und „Vollzugsmeldungen“
übermitteln. Die Daten werden automatisch in einer
Auftragsdatenbank erfasst und in Tabellen ausgewertet. Ein erfahrener
Disponent kann den Informationsgehalt dieser Tabellen schnell
erfassen. Für die kaufmännischen Mitarbeiter, die auch für den
effizienten Ressourceneinsatz verantwortlich sind, sind andere
Informationen wichtig. Statt exakter Tonnage genügen Aussagen
wie „ziemlich voll“ oder „eher wenig“, statt sekundengenauer Zeitangabe
reicht „rechtzeitig dort, wo sie sein soll“, und „Alle Loks sind
augenscheinlich gut beschäftigt und fahren keine Umwege“ hilft
durchaus weiter als eine Liste genauer Navigationsangaben. Diese
Informationen, die klare Hinweise auf die Produktivität des Gesamtsystems
geben, müssen auf den ersten Blick erkennbar sein.
Wer kann dieses System optimieren?
HKM richtet seine Maschinen, Anlagen und Steuerungen zukunftsorientiert
aus, so dass man innovative Technologien optimal integrieren
kann. Klar, dass man bei dieser Strategie eine Lösung sucht,
um Disposition und Optimierung zu vereinfachen. Wie könnte man
die Auftragsdatenbank erweitern, so dass sich die Auswertungsergebnisse
übersichtlicher darstellen lassen? Die Idee stand schnell
im Raum: Schliesslich gibt es bei HKM seit 2011 ISyDiF – das Informationssystem
Digitale Fabrik, ein internes geografisches Informationssystem.
Es basiert auf der MuM-Technologie MapEdit und verknüpft Geodaten mit SAP, 2D-Geometrien, 3D-Konstruktionsmodellen,
Punktwolken und Panoramen. MuM hat HKM von Anfang
an bei Aufbau und Erweiterung von ISyDif unterstützt; daher
erkundigte man sich, ob MuM das System auch mit der riesigen
Informationsmenge aus der Auftragsdatenbank verknüpfen und
die Situation auf den Gleisen visuell in „Beinahe-Echtzeit“ darstellen
können.
Welche Informationen zusätzlich zu den GPS- und Auftragsdaten angezeigt werden sollen, lässt sich in der Fachschale einfach auswählen.
Big Data? – Funktioniert!
„Die Leute bei MuM waren gar nicht so erschrocken, wie ich gedacht
hatte“, erzählt Marc Klinger, Leiter Verkehrswirtschaft bei
HKM. Ganz im Gegenteil: Ziemlich schnell wurden im Gespräch
Ideen entwickelt, wie man die Auftragsdatenbank mit dem digitalen
Kartenmaterial und weiteren im ISyDiF gespeicherten Informationen
verknüpfen und dadurch die Positionen der Lokomotiven
sichtbar machen kann. Schliesslich ging es um mehr als nur darum,
die GPS-Signale von den Loks einzulesen, und auf dem Bildschirm,
wo die Karte des Werksgeländes angezeigt wird, einen
farbigen Punkt an dieser Position aufleuchten zu lassen.
Die Fachschale LOK-Tracking, die MuM für HKM entwickelt hat,
sammelt eine Fülle von Daten und macht sie visuell verfügbar. Der
Anwender entscheidet durch das Ein- und Ausblenden von Ebenen
und Anklicken von Auswahlfeldern, welche Informationen er tatsächlich
auf dem Bildschirm sehen will. Das System kennt sämtliche
„Telegramme“, die zwischen den Disponenten und den Loks
hin und her gehen. Es speichert also exakt, welche Lok mit wie
vielen Wagen und welcher Ladung zu welcher Zeit abgefahren und
wann sie angekommen ist. Wichtig: Die Waggons brauchen dadurch
keine eigenen GPS- oder RFID-Systeme, und das Datenvolumen
bleibt handhabbar. Da die GPS-Sender alle fünf Sekunden
automatisch ihre Position bekannt geben, kann das System die
gefahrene Strecke auf dem Bildschirm darstellen. Zusätzlich werden
diese Informationen gespeichert, so dass man zu Prüfzwecken
komplette Fahrten im Zeitraffer wiederholen und den Zustand auf
dem Gleisnetz für jeden vergangenen Zeitraum rekonstruieren kann.
Da kommen schon etliche Datensätze zusammen ...
Wie kommt diese Lok am schnellsten mit den
richtigen Wagen an ihr Ziel? – Das Informationssystem
für die digitale Fabrik, ISyDiF, hilft, das herauszufinden.
95 Kilometer Schienen auf 2,5 Quadratkilometern Werksgelände:
Dank der neuen GIS-Fachschale hat man bei HKM den Überblick über
das Geschehen auf den Gleisen.
Entwicklung Hand in Hand
HKM hat MuM schon 2010 ins Boot geholt, um das Informationssystem
für die digitale Fabrik zu entwerfen und umzusetzen. In
dieser Zeit wurde eine Menge Know-how aufgebaut: Bei MuM
spricht man inzwischen die Sprache von HKM; die Entwickler verstehen
die Bedürfnisse der Anwender, die sich wiederum vertieftes
Wissen über die Software angeeignet haben. Kleinere Anwendungen
entwickelt man längst ohne Unterstützung von MuM. Die Lokomotiven-
und Gleisvisualisierung war demgegenüber ein deutlich
umfangreicheres Projekt, das zunächst in einer Testumgebung
intensiv überprüft wurde. Auch für Sonderfälle, wie „Lokomotive
ist ohne GPS unterwegs“ oder „Die Sendestärke des GPS ist (zu)
schwach“, wurden Lösungen gefunden. Das System steht sowohl
im Büro als auch für mobile Endgeräte zur Verfügung.
Logistik-Optimierung auf gutem Weg
Auf dem Weg vom Pilotbetrieb zum „Go-live“ sind Abteilungsleitung
und Mitarbeiter mit ihrem neuen Werkzeug rundum zufrieden. Über
den Web-Browser sieht Marc Klinger jederzeit, was sich auf dem
Gleisnetz abspielt. Das wird in den nächsten Monaten intensiv
beobachtet, bevor dann erste Schritte zu einer möglichen Optimierung
eingeleitet werden. Marc Klinger ist zuversichtlich, mit seinem
neuen System bessere, fundierte Entscheidungen treffen zu können,
und zieht jetzt schon ein positives Fazit: „MuM hat sich erfreulich
schnell und kreativ auf unsere Vorstellungen eingelassen und
entscheidend dazu beigetragen, dass aus einer grossen Menge
nicht konsolidierter Daten und einem Schwung wenig konsolidierter
Ideen ein stimmiges System wurde – und zwar innerhalb
des vereinbarten Zeitplans und des vorgegebenen Budgets.“