Ein Pilotprojekt der Axpo beweist, wie sich BIM für Planen, Bauen und Betreiben vorteilhaft nutzen lässt
Kann man den kompletten Lebenszyklus komplexer Bauwerke, wie z. B. Kraftwerksanlagen, mit Building Information Modeling (BIM) abbilden?
Mit einem mässig komplexen Projekt hat der schweizerische Energieversorger Axpo den Beweis dafür angetreten, und ist jetzt bereit, Anlagen modellbasiert zu planen, zu bauen und zu betreiben. Consulting von MuM hat dabei eine wichtige Rolle gespielt.
Die Axpo mit Hauptsitz im schweizerischen Baden ist die grösste Produzentin von Wasserkraft und erneuerbaren Energien in der Schweiz. Mit seinen
Partnern betreibt das Unternehmen mehr als 100 Kraftwerke – ein klimafreundlicher Mix aus Wasserkraft, Photovoltaik, Biomasse, Windund Kernenergie. Kraftwerke werden häufig um- und ausgebaut, um
Sicherheitsanforderungen und dem aktuellen Stand der Technik zu entsprechen. Effiziente Planung und die nahtlose Nutzung der generierten
Daten sowohl auf der Baustelle, im Betrieb und beim Rückbau sind unerlässlich, um effizient und vor allen Dingen nachhaltig zu wirtschaften.
Alle reden darüber, aber
„Wir haben lange nach einem Bauwerk gesucht, das modellbasiert durchgängig geplant, gebaut und betrieben wird – am liebsten mit einer einzigen Softwarelösung“, erzählt Marc Furrer, Head Competence Center
BIM Axpo. „Als wir niemanden gefunden haben, von dessen Erfahrungen
wir hätten profitieren können, haben wir selbst ein Pilotprojekt gestartet.“
Zu den Projektbegleitern gehörte auch das BIM-Team von MuM, das
Axpo seit über zehn Jahren mit CAD-Lösungen beliefert und Anwenderinnen und Anwender schult.
Grosskomponentenhalle beim KKW Beznau
Auf dem Gelände des Kernkraftwerks Beznau sollte eine neue Halle
entstehen, in der zwei Dampferzeuger und zwei Reaktordruckbehälterdeckel bis zur Entsorgung zwischengelagert werden. Die
24 x 24 Meter grosse und acht Meter hohe Halle mit einem massiven Tor und einer einfachen gebäudetechnischen Ausrüstung ist
architektonisch nur mässig anspruchsvoll. Das Projekt eignet sich
daher hervorragend als Pilot für durchgängige Planung.
Gut begleitet
Von der Aufnahme des Geländes mit einem 3D-Laserscanner über
die Modellierung mit Autodesk Revit bis hin zur Implementierung
von Autodesk Construction Cloud (ACC) als Datenaustauschplattform war das MuM-Team eng eingebunden. In vielen Gesprächen
wurde die für Axpo beste Lösung erarbeitet. „Da waren grosse Kompetenz und viel Beharrlichkeit vorhanden; wir haben auf Augenhöhe zusammengearbeitet, um das Optimum zu erreichen“, sagt
Marc Furrer.
Bauen wie geplant
Die zentrale Planungsumgebung ACC ermöglichte, Architektur-,
Elektro- und Sperrzonenmodell, d. h. Bereiche, in denen nicht
gebohrt werden darf, zu koordinieren, Kollisionen zu vermeiden,
Durchbrüche zu planen, Ausschreibungen zu erstellen und vieles
mehr. Der Satz „das sehen wir dann auf der Baustelle“ wurde aus
dem Vokabular gestrichen; jede Einzelheit wurde in der Planung
festgelegt. Der schnellere Datenaustausch schafft grössere Verbindlichkeit. Alle bringen ihr Fachwissen frühzeitig ein – bessere
Ergebnisse sind die Folge.
Auf der Baustelle: Nur das Modell
Um die Messgeräte mit den Modelldaten „füttern“ zu können, wurde
auf der Baustelle eine andere Datenplattform genutzt. Das Modell
lieferte jedoch weiterhin alle nötigen Informationen. Ausgedruckte
Pläne gab es nicht mehr; auf der Baustelle stand das Modell auf
Tablet-PCs oder in speziellen Monitorkabinen zur Verfügung. Die
Visualisierung erleichterte die Kommunikation auf der Baustelle;
Bauetappen konnten mit dem Modell gut geplant werden; die Fortschrittskontrolle war leicht möglich. „Wenn alles gut vorbereitet ist,
sind die Leute schnell bereit, die neue Methode zu nutzen“, berichtet Marc Furrer.
Qualität gewährleisten
Die konsequente Arbeit mit dem Modell verbessert die Qualität beim
Bau: Abweichungen zwischen Modell und Bauwerk lassen sich
besser interpretieren und im Modell nachführen, so dass auch die
Informationen für den Betrieb richtig und vollständig sind. Auch das
Wartungsteam arbeitet mit dem aufbereiteten 3D-Modell: Die Frage
„wo genau ist das benötigte Teil und wie sieht es aus?“ lässt sich
leicht beantworten. Gespart wird nicht nur viel Papier, auch viele
Wege aufs Gelände sind nicht mehr nötig, weil das Modell als digitaler Zwilling der Anlage fungiert.
Kreislaufwirtschaft
Bei Axpo hat man die Grosskomponentenhalle schon bis zum Rückbau durchdacht. Ressourcenschonend zu wirtschaften und auch –
nicht kontaminiertes – Baumaterial wieder in den Kreislauf zurückzuführen, das sind ambitionierte Ziele, die sich durch modellbasiertes
Arbeiten sicher erreichen lassen. Nachhaltigkeit wird hier konkret
umgesetzt. „Das Projekt hat uns gezeigt, dass durchgängiges Arbeiten tatsächlich funktioniert, wenn man beharrlich dabeibleibt“,
sagt Marc Furrer. „Das nächste, grössere Projekt steht bereits an.
Langfristig werden wir alle Kraftwerksanlagen modellbasiert planen,
bauen, betreiben und zurückbauen.“